Steppenraute (Peganum harmala)

Steckbrief

Namen: Aspand, Besasa, Haoma, Harmal, Harmal rutbah, Harmel, Harmelkraut, Hermel, Hermelraute, Hom, Kisankur, Moly, Mountain rue, Pegano, Sipad, Syrian Rue, Syrische Raute, Techepak, Tukhm-i-isafnd, Uzarih, wilde Raute
Herkunft: vom östlichen Mittelmeer über Nordindien bis in die Mongolei und Mandschurien verbreitet, besonders häufig in Jemen und der Negev-Wüste aber auch gelegentlich in Zypern und (seltener) in Griechenland zu finden
Zubereitung und Dosierung: traditionell werden die Samen geräuchert/ geraucht oder gegessen, in Wein eingelegt oder gemahlen als Schnupfpulver verwendet. Dabei wirken über 4 mg/kg (oral) der Substanzen Harmin und Harmalin halluzinogen, 3-4 g der zerstoßenen Samen wirken als MAO-Hemmer
Wirkung: antidepressiv, fantasieanregend, löst bei hoher Dosierung traumartige Zustände aus, wirkt als MAO-Hemmer (Verwendung für Ayahuasca)
Wirkstoffe: Hauptwirkstoffe sind die β-Carboline Harmin und Harmalin, dazu kommen verwandte Basen wie zB. Harmalol und Harmidin und verschiedene Chinazolinalkaloide

Ein kleiner Einblick…

Die Steppenraute wird mit vielen rituellen Kräutern aus verschiedenen Mythen und Kulturen gleichgesetzt und begleitet den Menschen schon seit langer Zeit als psychoaktive Pflanze durch seine Geschichte.

Räuchern von Steppenraute als Ritual

Im alten China kannte man sie als das sagenhafte Kraut Moly, in Ägypten nannte man sie Besasa – die „Pflanze des (Gottes) Bes“, und in der antiken Literatur, etwa bei Dioskurides, begegnet sie uns als Peganon – abgeleitet von Pegasus, dem geflügelten Pferd.
Im Koran heißt es: „Jeder Wurzel, jedes Blatt vom Harmel wird bewacht von einem Engel, wartend auf einen Menschen, der kommt, um seine Heilung zu suchen.“
Auch in Persien kannte man die Wirkung der „Haoma„- Samen und begann bereits sehr früh mit ihrem Export nach Indien und von dort aus schließlich auch im 15. Jahrhundert nach Mitteleuropa.
In all diesen Kulturen fand sie seit jeher Anwedung als Heil- oder Ritual-Pflanze.

Samen der Steppenraute

Bis heute findet die Steppenraute im nahen Osten und in Nordafrika Verwendung, wo sie weiterhin als als rituelles Räucherwerk von großer Bedeutung ist.
In Mitteleuropa und Nordamerika wird sie heute außerdem immer häufiger zur Herstellung von Ayahuascaanalogen verwendet. Zu diesem Zweck wird sie inzwischen auch in Kulturen angebaut, besonders erfolgreich im sonnigen Kalifornien.

Was aber ist es, dass dieses Kraut so bedeutsam für den Menschen macht?

Peganum harmala ist in allen Regionen in denen sie vorkommt Bestandteil vieler alter Schutzzauber und Heilungs- und Säuberungsritualen. Als Räucherkraut werden damit traditionell zum Tagundnachgleiche im Frühling die Häuser von bösen Geistern und Unglück gereinigt. Verzauberungen oder Besessenheiten können ausgetrieben werden, wenn der Rauch inhaliert wird.

Steppenraute als mögliche Inspiration für moslemische Kunst

Aber auch ihr halluzinogener Charakter ist seit jeher hoch im Kurs. So soll sie zum Beispiel die Derwische bei ihren rituellen Tänzen berauscht und verschiedenen Orakeln zu seherischen Fähigkeiten verholfen haben. Möglicherweise hat sie auch etwas mit der Entstehung der zahlreichen floralen und geometrischen Elemente der moslemischen Kunst, des Haomakults oder der Mythramysterien zu tun.
Auch ein erotischer Aspekt fließt dabei offensichtlich mit ein. So treten die Schamanen der Hunza im Himalaya-Gebiet nach der Inhalation der verräucherten, getrockneten Samen in einen wollüstigen Kontakt mit wahrsagerischen Feen, die ihnen dann im Liebesspiel ihre Geheimnisse preis geben.
Gehalten hat sich diese Verwendung auch in Marokko, wo es Brauch ist die Steppenraute in einer Räuchermischung in der Hochzeitsnacht einzusetzen um so die „heiligen Erfahrungen“ und ihre Erotik zu verstärken.

Botanische Beschreibung

Die Steppenraute wächst als Staude, wird 50 bis 100cm hoch und wirkt mit ihren zahlreichen dünnen Stängeln und vielspaltigen, gegenständigen Blättern eher fragil.

Peganum harmala – (a) Wuchs, (b) Blüte, (c) Frucht mit Samen

Im Februar beginnt das Kraut neu auszutreiben. Ab April treten die zierlichen weißen Blüten mit gelben Stempeln auf, die einzeln an langen Stielen wachsen, die in den Achseln der Laubblätter stehen.
Im frühen Sommer ist die Pflanze grün und bildet im Juli schließlich dreifächrige Früchte aus. Diese sind rund und färben sich bei zunehmender Reife mehr und mehr rötlich. In ihnen liegen viele graue bis schwarze, dreikantige Samen, die bis zu 3mm lang werden.
Die Wurzeln der Pflanze sind buschig und bevorzugen heißes Klima und wüstenähnliche Bedingungen um zu wachsen.
Das Kraut selbst hat einen charakteristischen Geruch, der oftmals als unangenehm penetrant beschrieben wird.

Peganum harmala

Zubereitung, Dosierung und Wirkung

Die häufigste Verwendung der Steppenraute ist das Räuchern oder Rauchen.
Dazu werden die getrockneten Samen, häufig gemeinsam mit anderen Substanzen als Räuchermischungen, auf heißen Kohlen verräuchert.
Eine weitere Möglichkeit ist es, die getrockneten Samen zu rösten (klassisch auf einer glühend heißen Eisenplatte) und zu feinem Pulver zu zermahlen. Dieses kann dann pur oder in Kombination mit Tabak (Nicotina Tabakum) oder Haschisch (Cannabis indica) geraucht werden.

Pulver aus getrockneten Samen (Farbgebung variiert)


Eine besonders wirksame Zubereitung zum Rauchen wird aus 15g Samen und dem Saft einer Zitrone gewonnen. Die Samen werden dazu zermalen und mit dem Zitronensaft und etwas Wasser vorsichtig eingekocht bis sich eine Paste daraus bildet. Getrocknet wird diese Paste mit Tabak vermischt und geraucht und soll eine berauschende und aphrodisierende Wirkung haben.

Auch kann das Pulver aus den getrockneten, zerstoßenen Samen als Schnupfpulver für einen „klaren Geist“ eingestetzt werden.

„Harmelsamen“

Die Dosierung orientiert sich am Körpergewicht der Anwendenden. Psychoatkive Wirkungen sollen beim Verzehr ab 4mg Wirkstoff pro kg Körpergewicht auftreten.
Etwa 3 bis 4 g der zerstoßenen Samen (entspricht ca. einem Teelöffel) wirken als DMT-aktivierender MAO-Hemmer in Ayahuascaanalogen. Dabei muss man die Samen (bzw. das Pulver) nicht schlucken, sondern es genügt einen Auszug mit kaltem Wasser herzustellen. Diese Lösung zeigt die selbe Wirkung.

In den letzten Jahren haben viele Psychonaut*innen mit den abenteuerlichsten Kombinationen von Harmelsamen und anderen Substanzen experimentiert. Dabei wurden bereits bis zu 20g der zemahlenen Samen geschluckt, allerdings kann diese Dosierung bereits zu schweren Vergiftungen führen.
Generell ist vom Experimentieren mit dieser psychoaktiven Pflanze und besonders der Kombination ihrer mit anderen Substanzen unbedingt abzuraten.

Inhaltsstoffe

Hauptwirkstoffe sind die β-Carboline Harmin und Harmalin, dazu kommen verwandte Basen wie zB. Harmalol und Harmidin und verschiedene Chinazolinalkaloide (zB. Vasicin, Pegalin und Tetrahydroharman) mit einem durchschnittlichen Alkaloidgehalt von 4% in den Samen.

Vasicin

Vor allem der hohe Anteil dieser Alkaloide ist für die moderne Medizin interessant und Teil vieler Forschungsfragen. Auf sie geht auch der Einsatz von Steppenraute in diversen traditionellen Heilsystemen zurück. Häufig wurde die alkaloidhaltige Pflanze bei gynäkologischen Indikationen wie Menstruationsbeschwerden oder Geburtsproblemen eingesetzt, aber auch z.B. bei Asthma oder Beschwerden der Verdauung.

Harmalin

Harmin und Harmalin hingegen sind jene Stoffe, die für die halluzinogene, psychoaktive Wirkung der Pflanze verantwortlich sind. Besondere Bedeutung haben sie dabei als MAO-Hemmer, die den natürlichen Abbau von externen Stoffen im Körper verlangsamen und so die Wirkung von verschiedenen Stoffen im Körper verstärken und/oder verlängern.
Besonders deshalb ist die Steppenraute für die Zubereitung von Ayahuaskaanalogen interessant. Auch gibt es Berichte von der verstärkten Wirkung von Stoffen wie THC (Tetrahydrocannabinol) und anderen psychoaktiven Substanzen. Vom Experimentieren mit diesen Kombinationen ist allerdings auf Grund der schwierigen Dosierbarkeit und Unberechenbarkeit unbedingt abzuraten.

Als kleine Draufgabe haben die enthaltenen ätherische Öle zusätzlich, zum Beispiel bei einer Zugabe zu Massageölen, noch eine muskelentspannende Wirkung. Geruchstechnisch gewinnen sie jedoch keine Preise – man kann halt doch nicht alles haben.

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Quellen:
– C. Rätsch, Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen, ATVerlag, 2018
– Roth et al., 1994
– Goodman und Ghafoor, 1992
– Al-Shamma et al., 1981
– Bilder: google

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