Sie trägt einen spitzen schwarzen Hut und hat eine Katze. Sie kommt in der Nacht, entführt und verzehrt Kinder. Sie kocht Schlangenhaut, Krötenschleim und Kinderarme in ihrem Kessel. Sie ist alt und grausam. Sie ist so sinnlich wie die verbotene Frucht, verführt Männer und ist der Untergang jeder Moral… und sie fliegt auf ihrem Besen durch die Nacht.
Die Hexe
Was wissen wir eigentlich über Hexen? Wurden sie vom christlichen Patriarchat erfunden um die Angst vor Frauen mit Wissen zu schüren und so die Machtstellung des Mannes zu sichern? Gab es vielleicht wirklich Frauen die in Ritualen mit dem Teufel Pakte schlossen? Wer waren die Hexen die wir aus den Geschichten kennen?
Überliefert ist das meiste dieser mysteriösen Figur durch Märchen, Aberglaube und Protokolle der Hexenprozesse. Während die Prozesse auf absurden, fast schon lächerlichen Anschuldigungen beruhten, hatten sie fatale Konsequenzen für die Frauen und Männer die der Hexenkunst angeklagt wurden. Von Beginn bis Ende des Prozesses wurde mit allen Mitteln der Folter versucht aus den Angeklagten ein Geständnis heraus zu bekommen, denn nur dann konnten sie am Scheiterhaufen verbrannt werden. Sie wurden auf Hexenstühlen platziert, Stühle mit scharfen, spitzen Holzstücken die sich immer tiefer ins Fleisch bohrten, sie bekamen Fackeln unter die Fußsohlen, brennendes Pech wurde auf ihre Körper getropft, ihre Zungen wurden in der Zungenschraube immer mehr eingequetscht und die sogennante Mundbirne konnte im Mund platziert werden und immer weiter aufgespannt werden, bis der Kiefer brach.
Mundbirne Hexenstuhl
In den meisten Fällen sind die Angeklagten entweder währen ihrer Inhaftierung gestorben, wurden irr durch die Folter und gestanden im Wahn oder in der Hoffnung auf Erlösung durch den Tod. Die größten Anklagepunkte waren jegliche Beziehungen zum Teufel höchst persönlich: Teufelspakt, Teufelsbuhlschaft (Geschlechtsverkehr mit dem Teufel), Versammlung mit anderen Hexen zum Hexensabbat, Wetterzauber, Schadenzauber und – womit sich dieser Artikel hauptsächlich beschäftigen soll – Hexensalben.
Hexensalbe, Buhlsalbe, Hexenschmiere oder Schlafsalbe sind einige geläufige Namen für die magischen Rezepturen. Die Salben wurden zur Heilung angewendet, für Liebeszauber, um Tierform anzunehmen und um zu fliegen. Auf ihrem Besenstiel fliegt die Hexe durch die Nacht. Ein Bild, das wir aus Märchen kennen.
Der Glaube an Magie sei jedem selbst überlassen, doch die verwendeten Kräuter sprechen für sich: ein Hexenflug selbst ist ein Trip. Wir sprechen hier nicht über irgendeinen Trip, sondern über einen selbstermächtigenden, spaßigen und tiefgründigen Trip. Während einige Salben auf die Schläfen, Fußsohlen und Achselhöhlen aufgetragen wurden, konnten andere auf ein längliches Haushaltsutensil wie einen Holzlöffel oder eben einen Besenstiel geschmiert werden und dann vaginal eingeführt werden. Die Hexe führt ihre Salbe ein und fliegt in ihrer Halluzination über die Dächer der Welt oder in die Tiefen ihrer Seele. Kein Wunder, dass das dem prüden Patriarchat nichts war! Masturbation gepaart mit spiritueller Erfahrung ist der pure Feminismus oder wie andere es vielleicht nennen wollen ein Pakt mit dem Teufel!
Die Hexenschmieren setzen sich aus verschiedenen Kräutern zusammen. Besondere Bedeutung haben die ominösen Nachtschattengewächse. Gefährlich schöne Namen wie Belladonna, Engelstrompete, Alraune oder Stechapfel fühlen sich schon beim Aussprechen wie ein Zauber und ein Fluch an. Wie die Salben zur Zeit der Hexenverfolgung genau zusammengesetzt waren ist nicht wirklich nachvollziehbar. Ausprobiert und experimentiert wurde im letzten Jahrhundert viel um das alte Kräuterwissen wieder aufleben zu lassen. Die Rezepturen die heute in Büchern und im Internet kursieren sind Annäherungen an alte Rezepte. Meistens wurden die Mengenangaben stark verändert, das bekommt vielen Rezepturen wahrscheinlich hinsichtlicher der Chance zu Überleben. Nichts desto trotz sind die Hexensalben extrem potent und alle PsychonautInnen sollten sich – wenn überhaupt – behutsam und mit Vorsicht an das Projekt Hexenflug herantasten.
Bilsenkraut
Tollkirsche
Flugsalbe – eine moderne Hexensalbe
Zutaten: 10 Gramm Hühnerfett, 5 Gramm Bilsenkraut (Blüten oder Samen), 5 Gramm Tollkirsche, 5 Gramm Knoblauch, 3 Gramm Sonnenblumenkerne, 10 Gramm Weizen.
Zubereitung: Alle Zutaten ausser dem Fett im Mörser zu einem Brei zerstoßen, in der Sonne trocken lassen, zu einem Pulver verreiben und anschließend mit dem Hühnerfett mischen. Die Schmiere soll Luftdicht gelagert werden und kann in mutigen Momenten auf die Schläfen, den Halsansatz, die Arm- und Kniekehlen, die Fußsohlen und Handflächen und auf den Solar Plexus aufgetragen werden. Bei Beginn der Wirkung muss die Salbe gründlich abgewaschen werden und die selben Stellen mit einer angenehmen Creme eingeschmiert werden.
ACHTUNG: die hier angeführten Zutaten reichen für viele Anwendungen und sollten auf gar keinen Fall auf einmal benutzt werden. Es ist empfehlenswert sich langsam an eine Dosierung heranzutasten. Während einige Körperstellen genannt sind, könnte für den ersten Flug eine Stelle angetastet werden und nicht gleich eine abenteuerliche Vollsalbung durchgeführt werden.
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