Ayahuasca

Die Ayahuasca-Zeremonie ist ein beliebtes Gesprächsthema unter PsychonautInnen. Einer will es unbedingt miterleben, eine andere war schon dreißig Mal dabei – zwischen Vermutungen, Halbwissen, Erwartungen und gesetzlichen Grauzonen, finden diese Unterhaltungen statt.

Alleine, dass es so viele unterschiedliche Formen von Zeremonien und Zubereitungen des Tranks gibt, weitet die Diskussion um die mystische Medizin des Regenwalds ins unendliche.
Im Folgenden soll ein kleiner Ausschnitt der umfangreichen Materie geboten werden. Dieses Mal wollen wir nicht in alten Geschichten und Mythologien schwelgen, sondern direkt in das Wie, Wer, Was, Wo und Wann einsteigen. Wir haben mit einigen TeilnehmerInnen unterschiedlicher Zeremonien gesprochen und die spannendsten Überlegungen und Einblicke für euch zusammengefasst.

Vorbereitung auf eine Zeremonie

Zu aller erst entsteht ein Wunsch. Das Gefühl Ayahuasca erleben zu wollen, mit anderen geführt vom Schamanen oder von der Schamanin in andere Bewusstseinszustände zu wandeln. Na klar klingt das gut. Doch zu aller erst sollen wir uns fragen warum wir das wollen. Was steht dahinter, was ist unsere Intention? Bin ich einfach bereit für diesen Schritt ins unbekannte? Denke ich, Ayahuasca verändert mein Leben?

Auf jeden Fall dürfen wir uns bewusst darüber werden, dass die Arbeit immer bei uns liegt. Jede Veränderung die wir anstreben, alle Erkenntnisse die wir uns wünschen und vor allem alles was langfristig wirksam sein soll, ist abhängig von uns allein. Die Personen die die Zeremonie begleiten werden uns mit allen Mitteln unterstützen und begleiten, doch die Verantwortung für die Erfahrung kann nicht auf sie abgewälzt werden. Ayahuasca kann uns ganz tief in Prozesse führen, die wir alleine zu tragen haben.
Wenn wir große Angst verspüren, ist es vielleicht noch nicht Zeit sind in diese psychedelischen Abenteuer zu stürzen. Eine kleine Angst oder ein großer Respekt, sind hingegen gesund und vergehen laut erfahrener TeilnehmerInnen nie. Sehr vorsichtig sollten wir sein, wenn uns psychische Erkrankungen begleiten. Klar, Ayahuasca kann genau hier die richtige Medizin sein. Doch die gesetzliche Grauzone, macht oft die medizinische Begleitung und therapeutische Vor- und Nachbereitung der Erfahrung schwierig – also genau die Punkte die in diesen Fällen besonders wichtig wären.

Das davor und danach hängt oft stark von den sogenannten MedizinträgerInnen ab. Hier lohnt es sich in jedem Fall zuerst alle Fragen zu klären und genau über den Ablauf Bescheid zu wissen.
Bei wem wollen wir die Zeremonie mitmachen? Wer sich in Südamerika befindet, sollte erst aufpassen nicht auf eine Touristen Abzocke reinzufallen.
Doch auch wohl gemeinte Einladungen in diesen oder jenen Stamm können für Schwierigkeiten während der Zeremonie führen. Hat ein Stamm keine oder sehr wenig Erfahrung mit Menschen aus dem globalen Westen, ist auch der Umgang mit den Prozessen während der Zeremonie völlig anders. Krankheitsbilder wie Depression werden ganz anders kategorisiert oder es gibt sie vielleicht gar nicht.
Vor allem für die ersten Erfahrungen, ist es wertvoll sich an Menschen zu halten, die schon mit uns Westlern gearbeitet haben und mit denen wir auf der einen oder anderen Sprache kommunizieren können.
Auch in Europa werden Zeremonien angeboten, teils von Indigenen und teils von Menschen unserer Kultur. Manche wurden selbst von Indigenen initiiert und manche nicht. Wir dürfen alle Fragen stellen und dann nach Gefühl entscheiden ob es sich richtig mit ihnen anfühlt. Eines sei gesagt, wer bereit ist Ayahuasca auszuschenken kann mit unangenehmen Fragen umgehen!

Im Zuge der Cultural Appropriation Debatte dürfen wir auch noch einen kleinen Check-In machen, in dem wir klären wie es mit unserem Respekt für die Kultur, die Pflanzen und die Heiltradition aussieht.

Behalten wir diese Dinge im Kopf, sind uns klar über unsere Intention und lassen wir uns von unser Intuition leiten, wird uns die Medizin finden.

Hat uns die richtige Zeremonie gefunden, geht es an die körperliche und psychische Vorbereitung.
Oft wird eine bestimmte Diät vorgeschrieben, die sowohl abhängig von der Pflanzenmischung als auch vom Schamanen oder der Schamanin ist. Meistens geht es darum auf Tierprodukte, Sex und Genussmittel zu verzichten. Das ist vor allem für Menschen aus unserem Kulturkreis eine gute Vorbereitung. Für uns ist die Askese mit tiefgreifender Erfahrung verknüpft. Auch wenn wir sie nicht immer aktiv mitmachen, ist die Fastenzeit für uns ganz normal und auch in unserer Kultur verankert. So kann man uns Westliche also gut austricksen und direkt zurück zu unserem Körper führen.
Wer sich nicht durch eine Diät vorbereitet, kann später körperlich darunter leiden. Ganz anders sieht das bei Indigenen aus, sie halten nicht immer Diät und verzichten auch nicht zwingend auf das Grundnahrungsmittel Fleisch. Probleme haben sie dann damit keine. Wie spannend es ist, dass der Körper so stark von seiner Kultur geprägt sein kann.

Zusätzlich wird oft Sport oder Meditation vorgeschlagen – es soll eine rundum erholsame Zeit für den Körper sein. Viele Schamanen und Schamaninnen gehen auch individuell auf die Vorbereitung der TeilnehmerInnen ein. Je nachdem womit wir uns im Alltag ablenken, wird entscheiden worauf wir verzichten sollen. Das kann auch Musik und Sport sein oder die Zeit am Computer und am Handy.

Kurz vor der Zeremonie kann auch eine Reinigungszeremonie mit Trommeln, Rapé oder Cambo durchgeführt werden.

Während der Zeremonie

Zeremonien finden entweder im Dschungel beim Schamanen oder der Schamanin statt. In Europa werden Räumlichkeiten angemietet. Die meisten finden bei Nacht statt, doch auch die Entscheidung für eine Zeremonie bei Tag hat ihre eigenen Qualitäten. Nachts können wir in düstere Ecken blicken und bei Tag finden wieder andere Prozesse statt.

Es kommen ein bis fünfzehn Menschen im Kreis zusammen und Ayahuasca wird ausgeschenkt. Von hier an gibt es meist keine oder nur wenige Regeln. Man sollte sich darüber bewusst sein, dass man zu jeder Zeit mit Gesprächen und auch kleinen Berührungen in die Prozesse der anderen eingreift. Das kann in manchen Momenten das richtige und in anderen unangebracht sein. Auch hier gilt es auf das eigene Gefühl zu hören.

Es ist völlig in Ordnung sich von der Gruppe wegzubewegen, vor allem bei Tag gibt es viel zu erkunden. Solange sich nicht alle im Dschungel verirren und man nicht mehr auffindbar ist, spricht nichts dagegen. Meistens findet die Bewegung von der Gruppe weg erst statt, wenn intensive Prozesse einzelner Personen abgeflaut sind und alles ein bisschen entspannter wird.

Musik ist ein großer Bestandteil der Ayahuasca-Tradition. Oft werden eigene MusikerInnen eingeladen und wer möchte darf mitmachen. Die Lieder werden meist auf spanisch gesungen und sind Medizinlieder. Geräuchert werden während der Zeremonie Copal, weißer Salbei und Weihrauch.

Und so arbeitet sich Ayahuasca durch unseren Körper und unsere Seele durch. Man muss sich übergeben oder andersartig entleeren und taucht tief ein. Manche Erkenntnisse können sich schmerzhaft anbahnen, wir verlieren die Orientierung und stecken fest. Die Schamanin oder der Schamane weiß uns weiterzuhelfen. Um uns tiefer in die Erfahrung zu schicken, wird Rapé verabreicht. Es besteht aus Tabak, anderen Pflanzen und manchmal auch Yopo oder Vilca.
Angetrieben von dem Reiz der uns in die Nase geblasen wird geht es weiter.

Sananga ist eine andere Möglichkeit uns zu helfen, auch wenn es sich nicht so anfühlt. Mit diesen Augentropfen, die abgöttische Schmerzen verursachen, sollen unsere Visionen klarer werden.
Eine Variante um Menschen in ihren Körper und die materielle Realität zurückzuholen ist das Auspeitschen mit der Ortiga. Es handelt sich um eine Brennnessel mit Dornen. In Europa wird auf unsere heimische Brennnessel zurückgegriffen.

Hier zeichnet sich schon ein Muster ab, dass aus der KriegerInnenmentalität der Indigenen hervorgeht. Der Mensch wird als Krieger wahrgenommen, gezeichnet und gestärkt durch schmerzliche Erfahrungen wie Geburt, Verlust und Veränderung. Die absichtliche Verursachung von Schmerz soll den Körper reinigen und die Person weiter stärken. Man wird auf die Probe gestellt, denn je mehr man sich gegen den Schmerz wehrt, desto unangenehmer und schlimmer wird die Erfahrung.

Es geht darum die Kraft zu finden, mit der wir die Strapazen durchstehen können.

Zeit für Integration

Nach indigener Tradition gibt es keinen gemeinsamen Integrationsprozess. Es wird nicht über die mystische Erfahrung gesprochen. Das Verarbeiten durch Sprache und Kategorien ist unserer westlichen Kultur eigen. Ob wir das wollen oder nicht, da sind wir eben her und somit kann es wesentlich für die weitere Integration der Erfahrung sein, darüber zu sprechen. Manche Schamaninnen und Schamanen bieten diese Art der Nachbereitung an.

Kann Ayahuasca unser Leben verändern? Alleine wahrscheinlich nicht. Die Veränderung liegt an uns. Was nehmen wir mit in unseren Alltag? Für welche Veränderungen sind wir wirklich bereit?
Und vor allem, wie viel Arbeit sind wir bereit in unsere Transformation zu stecken?

Wie wird Ayahuasca zubereitet?

Im Artikel Ayahuasca haben wir uns mit der Vorbereitung auf die Zeremonie beschäftigt und damit wie sie abläuft. Nun wollen wir uns genauer ansehen wie Ayahuasca zubereitet wird.

Natürlich gibt es so viele Variationen des Tranks wie es Pflanzen im Regenwald gibt. Die Mischung variiert je nach Tradition des Schamanen oder der Schamanin. Um uns heute nicht mit Information zu überfluten, wollen wir uns eine Zubereitung aus Chacruna und Ayahuasca-Liane ansehen. Genaue Mengenangaben dürfen wir nicht einfach so verbreiten, doch alleine die Bilder sind so traumhaft, dass wir sie euch nicht vorenthalten konnten!

Chacruna oder Psychotria Viridis ist wie auch der Kokastrauch ein Rötegewächs. Sie enthält DMT und ist somit genau das richtige für eine Reise ins Innere. Nachdem DMT recht schnell vom Körper abgebaut wird braucht der Trank eine weitere Zutat, nämlich einen MAO-Hemmer. Das ist in diesem Fall die berühmte Ayahuasca-Liane. Zusammen ergeben sie ein unschlagbares Duo – Ayahuasca.

Zuerst müssen die Zutaten besorgt werden. Chacruna wurde in diesem Fall selbst gesammelt. Die Ayahuasca-Liane hingegen wurde am Dorfmarkt eingekauft. Um sie in größeren Mengen anzubieten, gibt es vor Ort Bauern die die Liane extra anbauen.

Mit den Zutaten in der Tasche geht es an die Zubereitung. Die Liane muss erst zerstoßen werden. Dafür wird ein großer Stein aus einem Fluss geholt, der als Unterlage dient. Nun wird die Ayahuasca-Liane auf dem Stein platziert und mit einem Schlegel solange zerstoßen, bis sie zu vielen kleinen bis größeren Holzstücke zerkleinert ist.

Ein großer Bottich wird herangeschleppt und befüllt. Eine Schicht kleine Holzstücke der Liane, eine Schicht gröbere und eine Schicht Chacruna. Nach einigen Wiederholungen der Schichten ist der Topf voll und wird mit Wasser übergossen. Mit einem Stock werden Löcher durch die Schichten gebohrt, so dass das Wasser alles durchdringen kann. Dieser psychedelische Kessel wird dann etwa sechs Stunden gekocht und im Anschluss wird die Flüssigkeit gefiltert und aufbewahrt.
Der ganze Vorgang wird einige Male mit jeweils frischem Pflanzenmaterial wiederholt.

Im letzten Schritt werden die Flüssigkeiten aus allen Durchgängen zusammengeschüttet, es kommt nochmal Chacruna dazu und der Kochvorgang geht weiter. Einige Stunden später werden die Chacrunablätter entfernt und das ganze wird solange eingekocht bis es die richtige Konsistenz hat.

Ganz nach unseren romantischen Vorstellungen über das Leben im Dschungel, wird das fertige Ayahuasca in Plastikflaschen gefüllt und aufbewahrt.

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