Steckrief Yopo
Namen: Yopo, Cohoba, Yupa, Nopo, Yopa und Yote sind nur weniger der vielen umgangssprachlichen Namen.
Herkunft: Wie so viele psychoaktive Pflanzen stammt Yopo aus Südamerika. Es kommt dort vor allem in Kolumbien, Venezuela, Brasilien und Guyana vor.
Zubereitung und Dosierung: Ganz wenige Samen werden geröstet und mit Löschkalk und Backsoda zu einer Paste verrührt. Durch anschließendes erhitzen trocknet die Paste und kann anschließend zu Schnupfpulver zerbröselt werden.
Wirkung: Nach anfänglicher Übelkeit stellen sich Visionen bei geschlossenen Augen ein. 45 Minuten kann der psychedelische Trip andauern und von Mandalas bis hin zu starken Visionen alles beinhalten. PsychonautInnen sind dann oft nicht mehr ansprechbar.
Wirkstoffe: Die wichtigsten Inhaltsstoffe sind DMT, 5-MeO-DMT, Bufotenin und β-Carbolin-Alkaloide.
Ein kleiner Einblick
Der Yopo Baum mit seinen großen Hülsenfrüchten ist im Norden Südamerikas zuhause.
Dort werden seine Samen schon seit Jahrtausenden von den indigenen Bewohnern und Bewohnerinnen für medizinische und rituelle Zwecke genutzt. Durch archäologische Funde konnte der Gebrauch der Yopo Samen auf 2130 v. Chr. zurückdatiert werden. Das sind über 4000 Jahre psychedelische Tradition! Noch abgefahrener ist die Tatsache, dass die Yopo-Samen gemeinsam mit Pfeifen aus Pumaknochen gefunden wurden. In den Pfeifen konnte auch DMT nachgewiesen werden, also einer der Hauptwirkstoffe der Samen. Der Gebrauch von Yopo als Schnupfpulver konnte auf 1200 v. Chr. datiert werden. Es wurden typische Schalen gefunden, die für das Auflegen vom Pulver verwendet wurden.
Zum ersten Mal schriftlich festgehalten wurde Yopo in einem Bericht aus 1496. Damals wurde ein gewisser Priester namens Ramon Pane von Christopher Columbus zu den Taino auf Hispaniola geschickt, das ist jene der Westindischen Inseln die heute Haiti und die Dominikanische Republik beheimatet. Er beschreibt das „kohobba Pulver“ als ein giftiges Kraut, das zum Bewusstseinsverlust führt. Er beschreibt die Benutzung eines etwa 30 cm langen Rohrs, durch das die Person das Schnupfpulver selber in die Nase zieht. Weiters spricht er von einem Hexendoktor, der das Pulver mit seinen PatientInnen (gegendert hat er nicht, das kommt von uns) gemeinsam nimmt. Ramon Pane war der Meinung, dass die Taino im Anschluss zusammenhangslose Inhalte kommunizieren und selbst in dem Glauben sind mit Geistern in Kommunikation zu treten.
Darstellungen wie diese müssen wir vor dem Hintergrund der Kolonialisierung sehen. Allein das beschreibende Wort zusammenhangslos und der sogenannte Hexendoktor, lassen die herablassende Ansicht des Priesters durchscheinen. Deshalb wollen wir uns nun genau ansehen wie ein Ritual mit Yopo-Samen heute vor sich geht und wahrscheinlich schon sehr lange auf diese Art und Weise praktiziert wird. Da sehr viele verschiedene indigene Völker mit Yopo arbeiten, picken wir eine Bevölkerungsgruppe heraus, die Piaroa.
Die Piaroa leben im heutigen Venezuela, im Orinocobecken – wo auch der Yopobaum gerne wächst. Dort sammelt der Schamane in der Zeit zwischen Oktober und Februar die Samen von ausgewählten Bäumen. Es werden genügend Samen gesammelt um während des ganzen Jahres mit Samen versorgt zu sein. Bestimmten Bäumen werden unterschiedliche Stärken und Namen zugeschrieben, was dann jeweils Interesse von benachbarten oder sogar weit gelegenen Stämmen erregt. Heute so wie früher ist der Tausch der verschiedenen Samen gängig.
Um nun auf ein Ritual vorzubereiten, geht der Schamane los um die Rinde eines bestimmten Baumes zu sammeln. Es handelt sich dabei um eine Rinde die deshalb ausgesucht wird, weil ihre Asche besonders fein und weiß wird. Großer Wert wird auch auf die Qualität der Rinde gelegt, so müssen die abgeschnittenen Streifen intakt sein und dürfen nicht zu zerfleddert sein. Das soll sich direkt auf die Qualität der Asche auswirken.
Die gesammelten Rindenstücke werden zusammengebunden und über einem Metalltablett aufgehängt. Nun wird das Bündel von oben angezündet und die daraus entstehende Asche kann auf das Tablett fallen. Während diesem Prozess werden Yopo-Samen von verschiedenen Bäumen gemeinsam mit einigen frisch geschnittenen Stücken der Ayahuasca-Liane in einem Mörser zu einer Masse verarbeitet. Die Zugabe von Banisteriopsis caapi wird nicht überall praktiziert, soll jedoch zur Intensität der Wirkung beitragen. In manchen Traditionen werden auch die rohen zerstoßenen Samen geschnupft, was körperlich unangenehmer sein soll und weniger psychedelischen Effekt erwirken soll.
Unter keinen Umständen darf nun etwas vom Pulver aus dem Mörser hinausfallen, denn das wäre ein Zeichen für die Nachlässigkeit des Schamanen. Auch die Ästhetik seiner Bewegungen während der Herstellung sind sehr wichtig und sollen sich auf das Endprodukt auswirken. Anscheinend dauert es jahrelang bis die Herstellung des Pulvers perfektioniert wird.
Nun kommt auch die Asche in die Mischung, ein weiterer schwieriger Schritt, denn das Gemisch muss die perfekte Konsistenz erlangen. Sollte alles gut gelaufen sein, entsteht eine Art Paste, die wie ein Teig für längere Zeit mit den Händen weiter bearbeitet wird.
Im Anschluss wird der Teig flach gedrückt, in einem Gitter angebracht und vertikal neben ein Feuer gestellt. So backt der gute Kuchen für 20 Minuten.
Die knusprige Platte wird im Anschluss zerstoßen – et voilà Schnupfpulver!
Meistens wird das Pulver mit Hilfe einer weiteren Person und eines Bambusrohrs in die Nase des Konsumenten oder der Konsumentin gepustet. Und wie wir schon von Priester Pane gehört haben, wird das Pulver auch vom Schamanen konsumiert.
Blasrohr – Symbolbild, nicht Piaroa
Nachdem man das Pulver in die Nase bekommen hat geht alles ganz schnell. Erst kommt es zu ganz unangenehmen Gefühlen in den Atemwegen, das liegt daran, dass der Rachen anschwillt. Es wird gehustet, gespuckt und gerotzt was das Zeug hält. Nach diesem schönen Start geht es weiter mit Schwindel und Übelkeit – sich erst einmal zu übergeben ist ein Zeichen von Reinigung. Und schon geht es los mit Mandalas bei geschlossenen Augen, immer mehr und immer intensiver bis es zum Trip kommt. Darin wird von Kommunikation mit Spirits, Verwandlung in Tiere, Visionen, Wiedergeburt, Zeitreisen, Ego-Auflösung, Flügen durchs Universum und durch den Dschungel und allem weiteren gesprochen. Also eine richtig intensive psychedelische Erfahrung. Die Erfahrung ist sehr kurz und allumfassend, die KonsumentInnen sind üblicherweise schwer ansprechbar und kommen erst nach etwa 45 Minuten langsam zurück ins Hier und Jetzt. Mit geöffnetem Geist und Herz werden nach dem Trip gerne Erfahrungen geteilt, es wird musiziert und langsam die ganze Erfahrung abgeschlossen.
Inhaltsstoffe
Ein Wirkstoff sticht hier besonders hervor: DMT. Wer es genau nimmt sagt N,N-Dimethyltryptamin. Es handelt sich dabei um das viel diskutierte Tryptamin-Alkaloid, das sowohl körpereigen produziert wird, als auch in vielen Pflanzen vorkommt. Richtig behandelt und konsumiert wirkt es als starkes Halluzinogen. Wir kennen es zum Beispiel als Wirkstoff von Ayahuasca, Changa und dem Schleim der verrückten Aga-Kröte. Genau diese Kröte produziert in diesem Schleim unterhaltsamer Weise noch einen Stoff, der auch in Yopo vorkommt: Bufotenin (5-Hydroxy-dimethyltryptamin). Auch das ist ein Halluzinogens Tryptamin-Alkaloid.
Dann finden wird noch 5-MeO-DMT, ein weiteres Halluzinogen und Spuren von β-Carbolin-Alkaloiden, die dabei helfen die Monoaminooxidase für kurze Zeit zu hemmen.
Botanische Beschreibung
Anadenanthera peregrina wächst zu einem 4 bis 25 Meter hohen Baum oder Strauch, dessen Rinde am unteren Ende des Stammes sogenannte Panzerungen hat. Das sieht ganz schön wild aus. Die Blätter sehen umso zarter aus, sie ähneln optisch denen einer Mimose, sehen also ein bisschen wie hellgrüne Federn aus. Sie werden bis zu 30 cm lang.
Der schöne Yopobaum trägt auch Blüten, die an exotischen Löwenzahn oder LED-Wedel erinnern. Was uns aber meisten interessiert sind die braunen verholzten Schoten in denen die spannenden Samen gedeihen. Sie können bis zu 35 cm lang werden und bis zu 15 Samen enthalten. Die Samen sind flach, dunkelbraun und glänzen.
Zubereitung, Dosierung und Wirkung
Die traditionelle Art des Konsums haben wir uns weiter oben schon genauer angeschaut. Wie bei allen starken Halluzinogenen, die traditionell im rituellen und spirituellen und vor allem geleiteten Kontext genommen werden, gilt auch hier, dass es wohl am Besten ist, sich in Südamerika auf die Suche einer geführten Erfahrung zu machen.
Wir wären aber keine PsychonautInnen würden wir uns nicht zumindest überlegen, wie wir theoretisch an unser psychedelisches Schnupfpulver kommen können.
Für das Schnupfpulver brauchen wir: Einige wenige Samen pro Person, Löschkalk und Backsoda
Im ersten Schritt erhitzen wir die Samen bei leichter Hitze und ohne Fett in einer Pfanne, bis sie aufplatzen und wir den äußeren Teil vom inneren trennen können. Wir erhitzen nun die inneren Teile der Samen bis sie hart und knusprig werden. Diese Teile können wir dann im Mörser fein zermahlen. Jetzt können wir uns gleich wie ChemikerInnen fühlen, denn wir mischen Löschkalk, Backsoda und ein paar Tröpfchen Wasser zu den Samen. Es sollte sich dabei um eine Mischung aus 1 Teil Löschkalt, 1 Teil Backsoda und 2 Teile der zerbröselten Samen handeln. Mit der entstandenen Paste können wir schon stolz sein, viel müssen wir nicht mehr tun. Wir können jetzt einen Flachen Keks formen und bei ganz geringer Hitze im Backrohr trocknen. Wenn der Keks getrocknet ist können wir ihn im Mörser wieder fein zermahlen und haben Schnupfpulver!
Psychonauten sind nicht selten Freund und Freundinnen des nasalen Konsums, wir bitten jedoch alle inständig Vorsicht walten zu lassen.
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