Wilder Lattich (Lactuca virosa)

Steckbrief

Namen: Giftlattich, Opium Lattich, Stinksalat, Stinklattich, Wilder Lattich, Lopium, Kompasspflanze, Totenkraut
Herkunft: Ursprünglich kommt der Wilde Lattich aus Südeuropa. Er wächst jedoch auch in Mitteleuropa wild und ist hier sehr verbreitet. Durch die Europäer wurde er nach Nordamerika eingeschleppt und ist dort in südlicheren Gegenden gängig.
Zubereitung und Dosierung: Aus den Blättern kann ein Tee zubereitet werden (2-4 Teelöffel). Sie können auch in Alkohol angesetzt werden. Der aus den Stängeln gewonnene Saft, das Lactucarium, kann sowohl in Alkohol aufgelöst werden, als auch getrocknet und geraucht werden. Natürlich können die Blätter auch verdampft und geraucht werden.
Wirkung: Der Giftlattich entfaltet eine beruhigende, schmerzstillende Wirkung. Früher wurde er in hohen Dosen als Narkotikum eingesetzt und es sind auch Überlieferungen aus Ägypten bekannt, die eine aphrodisierende Wirkung beschreiben.
Wirkstoff: Viele Bitterstoffe, Lactucin, Lactucopicrin

Ein kleiner Einblick

Dieser Wilde Lattich, er durchdringt die Heilkunde des Alten Ägyptens, schlug seine Wurzeln im deutschsprachigen Raum, war auch den Arabern bekannt und zog das Interesse Römischer Kaiser und Hexen auf sich. Versuchen wir uns diesem berühmten Kraut zu nähern und den Pfad seiner kulturellen Verwurzelung zu erkunden.

Die wahrscheinlich frühesten Abbildungen des Stinklattichs können auf ägyptischen Grabmalereien bestaunt werden, womit man seine Bekanntheit auf mindestens 4500 vor Christus zurückdatieren kann. Wie jede gute Heilpflanze hatte der Wilde Lattich im Alten Ägypten eine mythologische Entsprechung – er wurde mit Min, dem Gott der Wüste, der Blitze und der Sandstürme assoziiert. Min trägt meist zwei goldene riesige Federn auf dem Kopf und wird mit einem äußerst schlanken, erregtem Penis dargestellt, den er in manchen Darstellungen auch ganz gerne selbst berührt. Nein, er verhält sich keineswegs unangebracht, denn er ist ein Gott der Fruchtbarkeit und der Fortpflanzung. Der Zusammenhang mit dem Wilden Lattich ergibt sich aus dem langen Stängel der im Sommer aus den Blättern am Boden in die Höhe schießt. Zur Ernte im ersten Sommermonat wurde in Mins Ehren ein Fest abgehalten. Eine Statue von ihm wurde dafür im Zuge einer Prozession auf einem Bett aus Lattich getragen.
Die Alten Ägypter hatten auch eine große Affinität zu Aphrodisiaka, wovon viele möglicher Weise mit Lactarium, also dem Saft des Wilden Lattichs, zubereitet wurden. Die exakten Rezepturen blieben nicht erhalten, die Warnung der Ägypter, das Kraut könnte bei übermäßigem Gebrauch dumm machen, jedoch schon.

Im Gegensatz zu dieser aphrodisierenden Wirkung bei den alten Ägyptern waren die Griechen vom genauen Gegenteil überzeugt. So war der Wilde Lattich auch ein fester Bestandteil der Ernährung von Priestern im antiken Griechenland, da er den keuschen Lebenswandel vereinfachen sollte. Diese Wirkung attestiert Dioskorides, ein griechischer Arzt des ersten Jahrhunderts nach Christus, dem Wilden Lattich. Weiters beschrieb er ihn als schlafmachend, schmerzstillend und unterstützend für den weiblichen Menstruationszyklus. Auch eine Wirkung gegen Stiche von Skorpionen und Spinnen konnte er beobachten.

Etwa zeitgleich fand der Wilde Lattich seinen Weg in die Arabische Medizin und wurde dort von Avicenna mit der Wirkung von Opium, wenn auch viel schwächer, verglichen. Auch der römische Gelehrte Plinius der Ältere, der sich mit naturwissenschaftlichen Themen auseinandersetzte, stellte beim „Zwölfgötterkraut“ eine allheilende Wirkung fest. Man ist sich nicht sicher ob damit der Wilde Lattich selbst oder ein naher Verwandter beschrieben wurde.
Ganz besonders überzeugt vom Wilden Lattich muss der römische Kaiser Augustus gewesen sein, der der Heilpflanze sogar einen Altar widmete und eine Statue zu seinen Ehren errichten lies. Nach einer lebensgefährlichen Krankheit, deren Heilung er dem Lattich zusprach, war er bekehrt.

Auch Hildegard von Bingen wusste etwas über den Wilden Lattich zu sagen. Sie beschrieb ihn als psychoaktiv, riet zu vorsichtiger Dosierung und sprach auch davon, dass er das Gehirn „leer machen“ würde, also den Konsumenten wahnsinnig oder unsinnig machen würde. Diese Warnung der angesehenen Gelehrten könnte durchaus zur Benutzung des Krauts in Hexensalben und gleichzeitig zu dessen Verteufelung geführt haben.

Nach einer längeren geschichtlichen Verschnaufpause des Giftlattichs, tauchte er wieder im 18. Jahrhundert auf, als ihn der Wiener Arzt Heinrich Joseph von Collin neu entdeckte. Zum Gebrauch als Narkotikum begann ihn auch der deutsche Apotheker Alois Goeris 1847 anzubauen. Das war jedoch das letze große Aufleben des Wilden Lattichs. Zur selben Zeit begann ein amerikanischer Zahnarzt die Äthernarkose zu praktizieren, womit unser schönes Heilkraut als Narkosemittel obsolet wurde.

Inhaltsstoffe

Neben einigen anderen Stoffen sorgen vor allem die Bitterstoffe Lactucin und Lactucopicrin für eine beruhigende und schmerzstillende Wirkung. Diese Stoffe kommen auch in üblicher gebrauchten Latticharten wie dem Kopfsalat vor. Zuletzt konnte eine positive Wirkung von Lactucoprcrin auf Malaria festgestellt werden.

Botanische Beschreibung Wilder Lattich

Mit der Aussaat der Samen im Frühjahr beginnt der ein- bis zweijährige Lebenszyklus dieses imposanten Krauts. Alles beginnt mit einer sogenannten Blattrosette, wie wir sie zum Beispiel vom Löwenzahn kennen, aus deren Mitte dann im Sommer ein langer Stängel wächst, der sich oben verzweigt. Aus ihm kann man den weißen Milchsaft, das Lactarium oder Latex gewinnen. Die Blätter sind grün, stachelig und gezackt und die von Juli bis September offenen Blüten gelb und zart. Der Stinksalat wird im Durchschnitt 60 bis 150 cm hoch.

Zubereitung, Dosierung, Wirkung

Zur Zubereitung werden entweder die Blätter oder der getrocknete Milchsaft verwendet. Dem Kraut wird eine Opium-ähnliche Wirkung nachgesagt, nur ganz ohne Suchtpotential. Er wirkt weiters krampflösend, harntreibend und hustenstillend.

Tee: 1-2 Teelöffel pro Tasse, 10-15 Minuten ziehen lassen
Als Tee wirkt der Giftlattich eher subtil beruhigend und eignet sich so gut zum Einschlafen und Runterkommen. Durch die Opiat-ähnliche Wirkung eignet sich der Tee auch gut als hustenstillendes Mittel und generell zur sanften Schmerzlinderung.

Rauchen: Die getrockneten Blätter in einen Joint drehen, eventuell zum besseren Verbrennen mit Tabak mischen
Es bietet sich natürlich an den Wilden Lattich mit passenden KräuterfreundInnen zu mischen. Damiana wäre zum Beispiel eine wärmende Idee! Die Wirkung entfaltet sich ähnlich beruhigend wie der Tee. Nur um den Hustenreiz zu stillen eignet sich das Rauchen wohl generell nicht.
Verdampft kann natürlich auch werden.

Alkohol: Das Pflanzenmaterial in Alkohol ansetzen
Nach etwa zwei Wochen kann der angereicherte Alkohol geerntet und geschlürft werden. Es sollte hier die dämpfende Wirkung des Alkohols unterstrichen werden.

Milchsaft-Anwendung: Um das Lakctucarium zu gewinnen wird am Obersten Teil der Pflanze immer wieder ein kleines Stück abgeschnitten und der austretende Saft aufgefangen. Das kann an einer Pflanze bis zu 60 Tage hintereinander wiederholt werden.

Der Milchsaft kann pur oder mit Wasser vermengt eingenommen werden. Auf diese Art und Weise kann der Wilde Lattich für diverse Erkrankungen im Bereich der Atemwege angewendet werden, wie zum Beispiel Asthma, Keuchhusten und Reizhusten. Auch bei genereller Unruhe, Schlaflosigkeit und Menstruationsbeschwerden kann der Saft Hilfe leisten. Die tägliche Dosis sollte jedoch 10 ml nicht überschreiten.

Möchte man den Milchsaft rauchen, so lässt man ihm am Besten austrocknen, legt ihn auf einer Alufolie auf und hält sie über eine kleine Flamme (Feuerzeug, Kerze). Der Dampf kann nun inhaliert werden.

Bei einer zu hohen Dosierung kann es zu Übelkeit, Kopfschmerzen, Schweißausbrüchen, Hautirritationen, Herzrasen und anderen Vergiftungserscheinungen kommen. Ein Arzt würde wahrscheinlich nicht empfehlen, den Wilden Lattich mit anderen beruhigenden und dämpfenden Substanzen wie z.B. Alkohol zu mischen. Wir sind kein Arzt.

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